Umgangs­clearing

Abstract

Krisenhafte Familiensituationen erfordern individuelle Lösungen. Das ambulante Umgangsclearing stellt die Möglichkeit dar, den Kindeswillen intensiv zu eruieren und diesen mit dem Kinderschutz in Einklang zu bringen. Durch intensive Gespräche mit den Kindern und Erziehungsberechtigten sowie Interaktionsbeobachtungen entwickelt quergedacht Ideen zu einer kindeswohldienlichen Ausgestaltung von Umgangskontakten und fasst diese im Abschlussbericht zusammen. Die Maßnahme beginnt stets ergebnisoffen und kann bereits im Handlungszeitraum zu Lösungsideen führen.

Finanzielle und rechtliche Grundlagen

Nach §18(3) SGB VIII haben Kinder und Jugendliche den Ansprung auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts nach §1684(1) BGB. Finanziert wird die Hilfe nach §27 SGB VIII. Der Träger sieht das Umgangsclearing als dreimonatige Maßnahme mit einer Gesamtstundenzahl von 50 Stunden für zwei Fachkräfte vor. Das Vier-Augen-Prinzip wird zur beidseitigen Absicherung der Klienten und der Fachkräfte angewendet. Gespräche mit Personen außerhalb des Familiensystems finden ausschließlich nach Erteilung einer Schweigepflichtentbindung durch die Klienten statt.

Zielgruppen

Aus Trennungssituationen der Eltern können Risikofaktoren der Kinder entstehen. Das Umgangsclearing stellt den Willen und die Bedürfnisse des Kindes in den Vordergrund und ermittelt in Zusammenarbeit mit den Eltern diverse Möglichkeiten um ein passendes Umgangsmodell, welches dem Kindeswohl dienlich ist, zu erarbeiten.

Ziele

Um keine vorschnellen Entscheidungen, bezüglich der Umgangsregelung der Familie zu treffen, wird ein Umgangsclearing als Entscheidungshilfe empfohlen. Das Familiensystem mit seinen Bindungs- und Beziehungsstrukturen wird im Gesamten betrachtet und dadurch eine am Kind gemessene Umgangsanbahnung und –Gestaltung oder gar ein Umgangsausschluss empfohlen. Bindungsorientierte und an der Emotionalität des Kindes gestützte Umgangsanbahnungen sollen eine positive Grundlage für den weiteren Beziehungsaufbau, auch außerhalb der häuslichen Gemeinschaft, bestärken.
Zudem werden voreilige Umgangskontakte in Risikofällen vermieden.

Hilfe-/Auftragsplanung

Ein mit dem Jugendamt, der Familie und dem Träger erstellter Hilfeplan stellt die Grundlage für das Umgangsclearing dar. Konkrete Fragestellungen können somit besprochen und in den Fokus des Arbeitsauftrages gesetzt werden. Die Berater betrachten mit einer systemischen Grundhaltung das gesamte Familiensystem und dessen soziales Umfeld, wie z.B. Schule, Kindergarten, Ärzte und Therapeuten. Bereits bestehende Umgangskontakte können zudem beobachtet und im Hinblick auf das Kindeswohl eingeschätzt werden.

Angebotsstruktur

Der Einsatz von standardisierten Methoden unterstützt die fachliche Situationsanalyse der Berater und bietet dadurch eine Grundlage zur Berichtserstellung. Folgende Methoden werden als Instrument genutzt:

  • Genogramm
  • Analyse der elterlichen Problemeinsicht und Veränderungsbereitschaft
  • Interaktionsbeobachtungen
  • augenscheinliche Bindungsdiagnostik sowie Bindungstoleranz der Eltern
  • Einzelgespräche mit Kindern und Eltern
  • SURT (Sorge – und Umgangsrechtliche Testbatterie)
  • EBF – KJ (Elternbildfragebogen für Kinder und Jugendliche)
  • Gespräche mit Institutionen des näheren Umfeldes, wie z.B. Schule, Kindergarten, Tagesmutter, Ärzte und Therapeuten
  • Berücksichtigung vorhandener Berichte und Gutachten Monatliche Fallsupervisionen, sowie regelmäßige Teamsitzungen, als auch Fallintervisionen im interdisziplinären Team tragen ebenfalls zu einem detaillierten Umgangsclearing, unter Einbeziehung verschiedenster Blickwinkel bei.

Stand: 01.10.2020

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